Die Messara-Ebene ist das landwirtschaftliche Zentrum KretasGleich für den zweiten Autotag hatten wir die längste Auto – Tages – Tour auf dem Programm. Diese sollte uns zunächst nach Ierápetra, dann nach Górtys, Festós, Agía Triáda und schließlich nach Mátala bringen. Da wir eine gewaltige Strecke vor uns hatten, fiel bereits um 05:00 Uhr morgens der Startschuss. Entlang der Straße nach Sitía fuhren wir um den malerischen Golf von Mirabello (Golf der schönen Aussicht). An der Ausgrabungsstätte von Gourniá vorbei, etwa auf halber Strecke zwischen Ágios Nikólaos und Sitía, zweigt die Strasse nach Ierápetra ab. Nach einer wenig aufregenden Fahrt erreichten wir die südlichste Stadt Europas so gegen 06:30 Uhr. Eigentlich wollten wir in Kretas wärmster Ortschaft frühstücken, aber dafür war es auch hier noch zu früh. Wir bekamen aber wenigstens einen Kaffee. Ein guter “métrio” weckte unsere Geister. Wohlweislich stellte uns der Ladenbesitzer noch ein Glas Wasser hin. Ein Trost für kein Frühstück war der malerische Sonnenaufgang über der kleinen Bucht von Ierápetra. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich zu diesem Zeitpunkt geglaubt, Wasser sei orange.

Nun ging die Tour entlang der Südküste erst richtig los. Vorbei an tausenden, um diese Jahreszeit schon stark in Mitleidenschaft gezogenen, Gewächshäusern, verließen wir Ierápetra. Immer noch fast am Ufer langfahrend, kamen wir auch zügig voran. Dann ging die Fahrt in die Berge. Da wir ja noch einige Ziele vor uns hatten, verzichteten wir auf unnötige Stopps. Glücklicherweise hatte ich meinen Pullover eingepackt. Hier oben in den Bergen war es um diese Uhrzeit noch empfindlich kühl und die Sonne hatte bei dem bewölkten Himmel auch nicht die Spur einer Chance, uns Wärme zu spenden. Aber wir mussten ja unbedingt einen Jeep haben! Ohne Dach, versteht sich! So schlichen wir die kurvenreiche Straße leicht fröstelnd weiter. Viele Ortschaften gab es an dieser Straße nicht. Es war ja auch eine relativ neue Piste, die den Verkehrsfluss im Süden beschleunigen sollte. Die berühmten Gesetzestexte von Gortis.Plötzlich bekamen wir das Gefühl, dass wir uns verfahren hatten. Am Ortseingangsschild eines solchen Dorfes lasen wir tatsächlich „Pretória“. Hatten wir uns etwa verfahren? Aber wir waren doch immer auf der Hauptstrasse geblieben. Hätte nicht gedacht, dass uns diese direkt nach Südafrika bringt. Mein Bruder sagte mir zwar, dass das richtige Pretoria ein wenig größer sei, als das Dorf, in dem wir uns befanden. Aber woher sollte er wissen, welches das richtige Pretoria ist? Etwas skeptisch setzten wir unsere Fahrt fort. Es muss so gegen 10:00 Uhr gewesen sein. Am Straßenrand stand ein riesiger Touristenbus. Der hat bestimmt ´ne Panne, frohlockten wir. Aber als wir an diesem Bus vorbei waren, musste ich eine Vollbremsung hinlegen. Der Bus hatte keine Panne und wenn der da nicht gestanden hätte, hätten wir Górtys wahrscheinlich nie gefunden. Also, ab mit dem Auto auf den Parkplatz. Es ist schon erstaunlich, dass man auf den Parkplätzen vor den Sehenswürdigkeiten nicht bezahlen muss. Das sollten wir in Deutschland auch wieder einführen!

Die berühmten Gesetzestexte von Gortis.Was gibt es zu erzählen über Górtys? Nun ja, es ist eine alte Ruinenstadt, die zur Zeit der römischen Herrschaft, so ca. 70 vor Christus, Hauptstadt der Insel war. Hier findet man auch die berühmten „Gesetzestexte von Górtys“. Es handelt sich hierbei um Texte, welche in Stein gehauen mitten in der Anlage von Górtys stehen und erst Anfang des letzten Jahrhunderts übersetzt wurden. Die Existenz der Texte an dieser Stelle lässt vermuten, dass Górtys zu dieser Zeit auch das Zentrum der Gerichtsbarkeit war. Erwähnenswert sind auch noch die Überreste der Basilika, die wohl aus der byzantinischen Zeit stammt. Sie ist dem Agios Titos geweiht, der von Paulus persönlich zum ersten Bischof Kretas ernannt wurde. Jetzt hatten wir also Górtys vermessen (vermessen heißt bei uns, wir haben uns alles genau angesehen, nachgelesen und Notizen gemacht, aber nicht mit dem Metermaß jeden Stein nachgemessen!). Inzwischen war auch der Reisebus weitergefahren. Übrigens waren das Franzosen, so dass wir uns nicht unbemerkt in die Führung hätten schmuggeln können. Aber das hatten wir auch nie vor. Nach einer kleinen Erfrischung schauten wir uns noch die Ausstellung  der Statuen an, die angeblich hier gefunden wurden. Leider waren die dargestellten Personen zum Teil stark verstümmelt, dem einen fehlten die Arme, einem anderen die Beine und noch einer stand kopflos in der Gegend rum. Das Górtys auf der anderen Seite der Hauptstraße uneingezäunt weiter ging, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die zweitgrößte minoische Palastanlage ist FestosWir fuhren weiter in Richtung Festós. Dort erwischten wir auch den Reisebus von vorhin wieder. Wir hatten richtig vermutet, dass dieser Bus die gleiche Route fährt wie wir. Aber zum Glück war das der einzige Bus, der hier rumstand und damit war klar, dass wir Festós auch in Ruhe betrachten und bildtechnisch festhalten konnten, ohne ständig Angst davor zu haben, dass einem freundlich lächelnde Touris genau zum Zeitpunkt des Auslösens in die Kamera stieren. Wir bezahlten anständig unseren Obolus. Mussten wir ja schließlich auch, sonst wäre uns der Eintritt verwehrt worden. Festós ist nach Knossós der zweitgrößte minoische Palast auf Kreta. Man vermutet, dass er entweder die Sommerresidenz des König Minos war oder aber ein verfeindeter Stadtstaat in Konkurrenz zu Knossós oder aber einfach nur irgendetwas anderes. Nichts genaues weiß man nicht! Aber dennoch ist Festós einen Ausflug wert. Wer sich für minoische Geschichte interessiert und wem Knossós zu überlaufen ist, der wird hier mit Sicherheit auf seine Kosten kommen. Nicht zuletzt dadurch, dass man von hier einen grandiosen Blick über die Messará-Ebene hat. Wir machten noch eine kleine Kaffeepause im Palast (auch zu palästischen Preisen!) und setzten unsere Tour Richtung Agía Triáda fort.

Ohne spektakuläre Zwischenfälle kamen wir nach Agía Triáda. Dies bedeutet „Heilige Dreifaltigkeit“. Im Namen des Vater, des Sohnes und des heiligen Geistes: Amen! Da wir heute schon zweimal für alte Steine Eintritt gezahlt hatten, beschlossen wir, diese Ausgrabungsstätte mit unserer Anwesenheit zu verschonen. Außerdem konnte man die heilige Stätte auch von Außen recht gut überschauen (übrigens ist der richtige Name dessen, was hier ausgegraben rumliegt, nicht überliefert. Den Namen bekam die Ausgrabung nach der kleinen Kirche, die unweit der Trümmerhaufen zu finden ist).

Die berühmten Gesetzestexte von Gortis.Nun war es aber bereits Mittag geworden. Die Sonne hatte sich tatsächlich einen Weg durch die Wolken gebahnt und dabei ganze Arbeit geleistet. Es war kein Wölkchen mehr zu sehen. Weit und breit nicht. Clever und erfahren wie wir waren, hatten wir dies aber bei der Planung schon bedacht und entsprechende Bekleidung in unserem Gepäck. Wir zogen uns also schnell um und fuhren dann nach Mátala, dem letzten Ziel des heutigen Tages. Unterwegs suchten wir uns was zum Mittagessen. Beim „Heiligen Johannis“ wurden wir dann auch fündig. Die Taverne sah recht einladend aus. Sie war auch leer, so dass wir hoffen konnten, nicht zu lange auf unser Essen warten zu müssen. Nach wenigen Sekunden hatten wir die Speisekarte in der Hand und drei gut gekühlte Coke standen auf dem Tisch. Da wir nicht übermäßig hungrig und auf der Suche nach etwas waren, was schnell geht, bestellten wir Omelett mit Fetafüllung. Dieses bekamen wir dann auch nach ungefähr einer Stunde Wartens. Keine Ahnung, warum das so lange gedauert hat. „Was lange währt, wird schließlich gut!“  - ein Beispiel dafür, dass Sprichwörter nicht immer Recht haben. Das Omelett hat furchtbar geschmeckt, total ungewürzt und in Olivenöl regelrecht schwimmend (nicht, dass wir etwas gegen Olivenöl einzuwenden hätten, aber „Was zuviel ist, ist zuviel“). Und vom versprochenen Feta war auch nichts zu finden. Zum Glück gab es auch hier Brot dazu, so dass wir wenigstens etwas gesättigt wurden. Warum die Kneipe in der Mittagszeit so leer war, haben wir jedenfalls verstanden. Eigentlich schade um das doch recht ansehnliche Gemäuer.

Die Hippy-Höhlen von Matala liegen in diesem BergAber nun wollten wir endlich nach Mátala. Es war inzwischen auch schon 14:30 Uhr geworden. Mátala ist eine Stadt (oder vielmehr ein Dorf) an der Südküste Kretas. Bekannt geworden ist es vor allem durch seine Berghöhlen, in welchen die Hippies in den 60er und 70er Jahren hausten. Aber auch Zeus soll an diesem Strand nach der Entführung Europas gelandet sein. Ich war jedenfalls nicht dabei. Da wir auch Badesachen bei uns hatten, lag es nahe, sich in die kühlen Fluten des Meeres zu stürzen. Wir legten unsere Sachen auf einer der Liegen am Strand ab und gingen baden. Das dauerte vielleicht 10min. Als wir aus dem Wasser kamen, stand plötzlich ein netter Kreter mit Kassenblock neben uns. Ich staunte nicht schlecht, als der für die Liege 2000 DRS haben wollte. In unserer Eile hatten wir aber übersehen, dass genau diese Liege unter einem schattenspendenden Palmenblätterdach stand. „Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung“, oder so ähnlich. Das waren die teuersten 10 min. Baden, die ich je erlebt habe.

Für die Rückfahrt wählten wir die Route entlang der Nordküste. Die erschien uns kürzer, jedenfalls aber viel schneller als die Route, die wir für den Herweg nahmen. Von Mátala aus führte uns die Strasse quer über die Insel zunächst nach Iráklion. Außer einer wie überall auf Kreta faszinierenden Landschaft gibt es zu diesem Wegabschnitt nicht viel zu schreiben. Von Iráklion aus nahmen wir dann die Schnellstrasse „E90“, um möglichst zügig nach Ágios Nikólaos zu kommen. Dort wartete nämlich schon das Abendbrot auf uns. Gerade noch rechtzeitig kamen wir im Hotel an

Ziemlich kaputt ob der langen Tour nahmen wir noch ein kühles Blondes zu uns, wie immer auf dem Balkon unseres Hotelzimmers. Vom Balkon aus hatte man im Übrigen einen schönen Blick über den Innenhof des Hotels. Der Leser wird jetzt bestimmt sagen, dass das nicht so schön ist, aber wir fanden es sehr schön, da das Hotel auf drei Seiten von Hauptverkehrsstrassen begrenzt wird. „Ruhige Lage in einem privilegiertem Ortsteil von Ágios Nikólaos“ steht im Prospekt des Reisebüros. Aber wir wussten ja schon im Vorfeld, was uns erwartet.


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Hippy-Tour

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Letzte Änderung am Mittwoch, 17.Januar, 2012 um 06:23:21 Uhrum 06:23:51 Uhr