Die Kritsa-Schlucht. Weitestgehend unberührte NaturAuch für heute hieß das Tagesziel Kritsá. Allerdings nur als Ziel mit dem Bus. Pünktlich um 08:00 Uhr fuhren wir los und stiegen in Kritsá genau an der Haltestelle aus dem Bus, an welcher wir gestern eingestiegen waren. Wir hatten eigentlich Glück, dass die Busfahrer tags zuvor nur einen Warnstreik machten. Wir gingen auf der Strasse von Kritsá in Richtung Lató und ließen das Dorf zügig in unserem Rücken. Aber Lató war auch nicht unser Ziel.

Von einem Arbeitskollegen bekam ich den Tipp, mir doch einmal die Kritsá – Schlucht anzuschauen. Schon das dritte Mal auf Kreta, hatte ich aber von dieser Schlucht noch nie etwas gehört. War das was Sinnvolles? In unserer Wanderkarte war die Schlucht jedenfalls eingezeichnet. Etwa 7 km hatten wir geschätzt. Am oberen Ende war auch die Ortschaft Tapés eingezeichnet, wo es laut Karte auch eine Kneipe geben sollte. Aber wir wussten nicht genau, wo der Anfang dieser Schlucht war. Mit mehr Glück als Verstand fanden wir einen total verrosteten Wegweiser, auf welchem mit viel Fantasie „Farangi Kritsás“ – „Kritsá – Schlucht“ zu lesen war. Wir hatten den Anfang also gefunden. Sehr erstaunt waren wir, dass wir hier, abgesehen von einem jungen Pärchen, keine Menschenseele antrafen. Hatte der Wegweiser recht? Eine Schlucht und keine Menschen? Egal, wir spazierten einfach mal los. Schon nach wenigen Metern war für uns klar: Die Kritsá – Schlucht ist einfach genial. Sie braucht auf keinen Fall den Vergleich mit ihren berühmten Schwestern „Imbros“ und „Samariá“ zu scheuen. Im Gegenteil, wir fanden diese Schlucht viel schöner. Dies lag zum einen daran, dass man hier stellenweise richtig klettern muss, um voranzukommen. Zum anderen ist diese Schlucht an manchen Stellen so eng, dass man sich seitlich durch die Felsspalten zwängen muss. Außerdem ist diese Schlucht menschenleer. Das hat natürlich auch seine Nachteile. Wenn man hier verletzt liegen bleibt, wird es einige Zeit dauern, bis Hilfe da ist. Aber solche Gedanken hatten wir im Anbetracht der Imposantheit dieses Fleckchens Erde bestimmt nicht. Jedem, der gut zu Fuß ist, kann ich diese Wanderung nur empfehlen.

Nach doch einigen Anstrengungen kamen wir am oberen Ende des im September natürlich ausgetrockneten Wasserlaufes in Tapes an. Freudig an eine Erfrischung und vielleicht etwas Essbares denkend, wurden wir aber sehr schnell auf den Boden der Realität zurück geholt. Tapes, dass waren zwei Häuser, eine Kirche und ein riesiger Friedhof (für wen der wohl war?). Eine Taverne hatte es hier natürlich nicht. Aber wir hatten ja zum Glück unsere Notreserve im Rucksack. Ein paar Kekse in den Hals und die Stimmung war schon wieder besser. Es ist auf Kreta immer ratsam, bei solchen Touren eine Notverpflegung bei sich zu haben. Auch an reichlich Wasser sollte man denken, wenn man bei ca. 35°C im Schatten eine Wanderung in unbekanntes Gelände unternimmt.

Nun mussten wir umplanen. Eigentlich wollten wir den gleichen Weg zurück nach Kritsá. Aber da der Marsch nach oben schon recht anstrengend war und wir nicht das erhoffte Mittagessen bekamen, suchten wir einen anderen Weg. Dieser führte zwar nicht nach Kritsá, aber durch ein paar Dörfer nach Ágios Nikólaos. Fest der Meinung, in einem dieser Dörfer ein paar Souvlaki spachteln zu können, gingen wir los. Immer an der Strasse lang. Es lief sich recht einfach, da es immer nur bergab ging. Klar, der Weg war etwas länger, als nach Kritsá. Aber da war ja noch die Hoffnung auf Mittagessen. So kamen wir in das erste Dorf. Aber zu essen gab es hier nichts, jedenfalls nicht für uns. Keine Menschenseele weit und breit, die man hätte um Rat bitten können. Nicht verzagen, auf zum nächsten Dorf. Aber auch hier das gleiche Schauspiel. Waren die Dorfjaner alle im Urlaub? Auch in den nächsten beiden Dörfern die gleiche Situation. Nichts zu essen für uns. Als wir dann mit in den Kniekehlen hängenden Mägen das letzte Dorf vor Ágios Nikólaos erreichten, glaubten wir eine Fata Morgana zu sehen. Eine Taverne, sogar offen! Nichts wie rein, hingesetzt und etwas zu trinken bestellt. Aus Essen wurde auch hier nichts. Nichts im Angebot. Enttäuscht tranken wir unsere Cola und trabten unverrichteter Dinge weiter nach Ágios Nikólaos. Dort gingen wir, fast blind vor Hunger in die erstbeste Taverne und aßen für viel Geld Mittag. Naja, Mittag. Es war schon 16:00 Uhr geworden. Vielleicht hätten wir auch die nächsten zwei Stunden noch ausgehalten und dann lieber richtig zu Abend gegessen. Das war ja schon bezahlt. Aber Hunger macht böse und wir hatten viel Hunger.

Die restliche Zeit bis zum Abendbrot verbrachten wir im Hotel, besser gesagt am Hotelpool. Schließlich war der ja auch bezahlt. Nach dem Abendbrot war es dann an der Zeit, das bereits reservierte und angezahlte Auto abzuholen. Wir wollten gerade das Zimmer verlassen, als das Telefon klingelte. Das war mir bis zu diesem Zeitpunkt noch nie passiert. Ich ging ran. Am anderen Ende die Autovermietung. Aus einem Kauderwelsch von Deutsch, Englisch, Griechisch und noch etwa einem Dutzend anderer Sprachen entzifferte ich folgenden Sachverhalt: „Wir können das Auto nicht liefern. Es hatte einen Unfall. Sie bekommen ein Ersatzauto, aber keinen Jeep.“ Ich sagte ihm, dass wir das nicht akzeptabel finden und vorbeikommen, um unsere Anzahlung zurückzuholen. Das taten wir dann auch. Nach mehrmaligem vergeblichen Versuch, uns einen Hyundai Accent aufzuschwatzen, rückte der Vermieter unsere 10.000 DRS mit grimmigen Gesicht wieder heraus. Zu seinem Extrapech kam, dass vor der Autovermietung nebenan, ein Jeep nach unserem Geschmack rumstand. Wir haben nachgefragt und zur Antwort bekommen, dass wir dieses Auto bekommen können, da der eigentlich Interessierte abgesagt hat. Es war zwar etwas teurer als erwartet, aber unser Zeitplan stand uns im Rücken. Wir mussten also zuschlagen. Für 70.000 DRS + 25.000 DRS Kaution und 7.000 DRS Reifenversicherung erhielten wir einen dunkelgrünen Suzuki Samurai 4x4. Da es recht spät geworden war, verzichteten wir auf eine große Probefahrt. Ein paar Runden in Ágios und wir stellten das Auto auf den Parklatz am Strand, nicht weit vom Hotel entfernt, ab. Wir stellten uns noch das obligatorische Feierabendbier in den Hals und gingen langsam aber sicher zur Nachtruhe über.


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Kritsa-Schlucht

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Letzte Änderung am Mittwoch, 17.Januar, 2012 um 06:23:21 Uhrum 06:23:51 Uhr