Wieder einmal habe ich viele interessante Informationen von Kallia Wozikaki bekommen. Diesmal geht es ums Feiern auf Kreta, speziell um den Ablauf einer “Kretischen Hochzeit”. Dies ist so spannend, dass ich Ihnen dies hier nicht vorenthalten möchte. Vielen Dank, Kallia (filakia), für die Infos.

Eine kretische Hochzeit ist kein Familienfest im eigentlichen Sinne. Es handelt sich vielmehr um ein Dorf- oder Stadtfest. Nicht selten sind mehr als 1000 Gäste anwesend, die meisten davon sind den Brautleuten unbekannt. Um diese Menschenmassen unter zu bringen, wird ein Hotel oder sogar der Fussballplatz des Dorfes gemietet. Stühle und Tische stellt das Dorf zur Verfügung. Das Essen wird in riesigen Töpfen zubereitet, die Zutaten kommen von den Mitgliedern der Familie. Auch die jungen Kellner werden zumeist von der Familie gestellt. Klappt dies nicht, wird einfach ein großes Restaurant gemietet und die Feier dort verbracht. In jedem Falle ist eine kretische Band anwesend. Von dieser Art Restaurants gibt es mehrere auf Kreta. Die Nachfrage ist groß.

Aber der Reihe nach. Zunächst muss die Feier traditionsgemäß vorbereitet werden. Die Familie des Bräutigams ist dafür verantwortlich, ein Brautkleid zu kaufen. Im Gegenzug wird der Herr Gemahl von der Familie der Braut eingekleidet. Beide Familien haben in der letzten Zeit dafür gesorgt, dass das junge Brautpaar ein Dach über dem Kopf hat. Eine Wohnung oder gar ein ganzes Haus wurden gebaut, gekauft oder hergerichtet. Die Einladungen für die Feier sind verschickt worden. Dafür sind auch die Familien verantwortlich.

Und ein “kumparos” ist eingesetzt worden. Kumparos ist der Trauzeuge. In den meisten Fällen ist der “kumparos” der Taufpate der Braut oder des Bräutigams. Dies ist so Brauch. Manchmal ist es auch ein guter Freund einer der Familien. Sehr selten ist es ein Familienmitglied. Das fördert die Freundschaft untereinander. Der arme “kumparos”  muss die Ringe kaufen, die die Brautleute auf dem Kopf tragen, die “lampades” (die zwei großen Kerzen, die links und rechts vom Ehepaar stehen) und die Kirche muss er auch noch bezahlen (im Moment für schlappe 300€ zu haben).

Die Kirche ist gebucht, eine Anzeige in der Zeitung ist gemacht, Blumendekorationen und “mpoumpounieres” (das sind bunte Tücher mit Löchern, in welche die Zuckermandeln kommen) sind organisiert. Jetzt wird noch das Auto dekoriert. Es müssen auch noch die “paranifakia” gefunden werden. Das sind die kleinen Mädchen, die den Schleier der Braut tragen und die auch als Braut gekleidet sind. Sie tragen auch die Körbe mit Reis und Rosenblüten.

Eine Woche vor der Hochzeit werden die “krewatia”, die Betten, gemacht. In der neuen Wohnung des Ehepaares werden die Gäste voreingeladen, trinken und essen Kleinigkeiten und schauen die neue Wohnung an. Hauptsächlich Frauen nehmen an dieser Zeremonie teil. Höhepunkt dieser Veranstaltung ist, wenn die Betten von unverheirateten Frauen gemacht werden. Dabei singen sie passende “mantinades”. Sobald das Bett fertig ist, werden kleine Kinder darauf “geworfen”. Das erste Kind, das aus dem Bett fällt, bestimmt das Geschlecht des ersten Nachwuchses des Brautpaars. Naja, wer´s glaubt... Dann werden auf dem Bett Reis, Zuckermandeln (kufeta) und Geld verteilt. Auf Kreta ist eine Hochzeit ein guter Verdienst.

Geschenke werden meistens im bar ausgezahlt. Dabei wird das Geld in einen Umschlag gelegt, eine Visitenkarte dazu und dann kommt der Umschlag in ein Kopfkissen, welches neben dem Paar in der Kirche liegt. Mehr dazu später.

Nun ist er gekommen, der Tag der Hochzeit. Alle sind gestreßt, tausend Leute sind im Haus des Bräutigams und der Braut. Das Brautpaar wird nun getrennt eingekleidet, jeder im Haus der Eltern. Und ich meine es ernst, wenn ich sage “werden eingekleidet”! Freunde und Verwande gehen in das Haus der Braut oder des Bräutigams, singen und kleiden die Eheleute bis auf die Unterhose! Das ist wirklich lustig. Meistens ist auch noch eine griechische Band anwesend, welche die ganze Zeit die passenden Lieder singt. Alle singen die “mantinades” mit und fragen die Braut oder den Bräutigam, ob sie es sich anders überlegt haben.

Die Hochzeitsgesellschaft wird von der Band singend zur Kirche begleitet, wer es weiter hat, fährt mit dem Auto. Dabei wird kräftig gehupt.

Der Bräutigam wartet mit seiner Familie vor der Kirche auf die Braut, die dort von ihren Eltern “übergeben” wird. Dies geschieht vor der Kirche!

Die Hochzeitszeremonie läuft wie in Deutschland ab. Es gibt aber ein paar kleine Unterschiede:

  • Die Eltern und der Trauszeuge stehen rund um das Paar
  • Die “stefana” (die Ringe auf dem Kopf) werden vom Trauzeugen ausgetauscht
  • Das Paar geht mit dem Pfarrer drei mal um einen Tisch. Das ist der “Isaias Tanz” (so wird auch die Hochzeit genannt).
  • Wenn der Pfarrer sagt: “Die Frau muss auf den Mann achten” tritt die Frau dem Mann auf den Fuss!
  • Wein wird drei mal getrunken und am Ende der Zeremonie wird Honig mit Walnüssen gegessen. Das soll die Potenz steigern.

Am Ende der Trauung, wenn die Ringe und Stefana ausgetauscht sind, müssen alle Leute dem Paar gratulieren. Den Anfang machen die Eltern. Dann stehen die Eltern neben dem Brautpaar und werden ebenfalls begrüßt und beglückwünscht. Ein Freund steht daneben und sammelt in einem Kopfkissen die Umschläge. Die Braut bekommt normalerweise Schmuck von den Schwiegereltern geschenkt, den sie auch gleich tragen muss. Bis alle Anwesenden gratuliert haben, vergeht eine ganze Zeit.
Es werden Wünsche ausgesprochen:

  • An das Brautpaar: na zisete (lebt lange zusammen)
  • An die Eltern: na sas zisoune (mögen sie lange zusammen leben)
  • An unverheirate(n) Tochter/Sohn der Familie: ke sta dika sou (bis zu Deiner Hochzeit)

Vor der Kirche warten auf die Gäste und engen Freunde der Familie die mpoumpounieres und meist noch amigdalota und kserotigana (das sind Süßigkeiten). Es werden noch Fotos vom Paar in der Kirche gemacht. Dann begibt sich die Gesellschaft in das gemietete Restaurant. Das Brautpaar begibt sich noch in ein Fotoatellier, wo die Hochzeitsfotos gemacht werden. Dann ziehen sich die Eheleute erst einmal um und kommen viel später in das Restaurant.

Jetzt wird gegessen!
Zuerst mezedes, dann pilafi mit gekochtem Fleisch, dann psito (im Ofen gebackenes Fleisch mit Kartoffeln). Dazu natürlich viel Salat und Brot. Getrunken wird hauptsächlich Wein.

Da eine Hochzeit in Griechenland meistenes erst um 18:30 Uhr beginnt, kommt das Brautpaar nicht vor 22:00 Uhr ins Restaurant. Natürlich wird viel Musik gespielt und auch mal eine Träne vergossen. Dann aber wird durch das Brautpaar der Tanz eröffnet. Danach kommen die Familien dazu. Nach 3-4 Liedern tanzt auch der Rest der Gäste mit. Und dann wird die Torte angeschnitten. Danach geht das Brautpaar an die Tische und trinkt mit den Leuten und läßt sich feiern.

Die kretsiche Hochzeitsfeier wird oft auch von Gewehrschüssen begleitet und dauert immer bis weit in den nächsten Tag hinein.


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